Knieschmerz

Knie und Knieschmerz sind eine leidvolle Kombination mit der sich der Orthopäde tagtäglich konfrontiert sieht. Das Knie ist zeitweise oder auf Dauer nicht mehr belastbar. Alltägliche Tätigkeiten können nicht mehr durchgeführt, der Lieblingssport muss ausgesetzt werden. Die Lebensqualität sinkt, die berufliche Existenz ist gar bedroht. Die Ursachen für den Knieschmerz sind vielfältig, eine genaue Diagnostik unabdingbar, aber nicht immer einfach. Sei es der Sportler nach einem traumatischen Unfall oder der ältere Mensch mit zunehmenden Belastungs- oder Ruhebeschwerden; das Knie gehört in die Hand eines erfahrenen Spezialisten um Dauerschäden zu verhindern bzw. deren Auswirkungen abzumildern.

Das Knie ist das komplizierteste und am meisten belastete Gelenk unseres Körpers. Anatomisch, d. h. natürlicherweise, ist es als ein Scharniergelenk angelegt. Doch sowohl in der alltäglichen Belastung, im Berufsleben, als auch bei vielen Sportarten wird es als Drehgelenk "missbraucht". Erfolgt dieser Missbrauch in bescheidenem Rahmen, ist das Kniegelenk in der Lage, dies, zumindest eine Zeitlang, zu kompensieren. Traumatisierende Unfälle, mit den entsprechenden, auf das Knie einwirkenden Kräften, führen jedoch dazu, dass diese Kompensationsmechanismen nicht mehr ausreichen, das Knie zu schützen. Beschwerden sind die Folge. Der Knieschmerz lässt sich ursächlich in drei Gruppen einteilen:

  • Verschleiß
  • Verletzung
  • Überbelastung

Der Verschleiß des Kniegelenkes beruht letztlich auf einer Schädigung der aufeinanderliegenden Gelenkflächen überziehenden Gelenkknorpel. Er dient der Verbesserung des Gleitverhaltens zwischen den Gelenkpartnern (Oberschenkel, Unterschenkel, Kniescheibe) und puffert Stöße ab. Der Knorpel selbst ist nahezu ohne Nervenversorgung und somit schmerzunempfindlich. Wird er jedoch dünner oder entstehen gar blanke Knochenstellen, reagieren die Knochenhaut bzw. Rezeptoren im Knochen selbst. Knieschmerzen sind die Folge.

Ursachen für den Knorpelverschleiß können, neben entzündlichen Ursachen (z. B. Rheuma oder bakterielle Gelenkinfekte), Fehlstellungen der Beinachsen (O-Bein, X-Bein), berufliche Dauerbelastungen (z. B. Fliesenleger), sportliche Fehlbelastungen (Fussball, Tennis, Squash, Golf, etc.), aber auch zurückliegende Unfälle bzw. Verletzungen sein. Auch eine erbliche Veranlagung scheint zu bestehen.

Grundsätzlich ist die Arthrose ein fortschreitender Prozess, der zur vollständigen Zerstörung des Gelenkes führen kann. Die Selbst-Regenerationsfähigkeit des Knorpels liegt nahe Null. Einsteifung, Dauerschmerz und chronische Schwellung führen dann ggfs. zur Entscheidung, das Knie mit einem Oberflächenersatz ("Künstliches Kniegelenk") zu versorgen. Problematisch ist, neben den OP-Risiken, die beschränkte Lebensdauer einer solchen Endo-Prothese.

Daher stehen moderne therapeutische Maßnahmen zur Verfügung, die, je nach Schweregrad der Arthrose, die Funktionsfähigkeit des Kniegelenkes erhalten helfen und den Knieschmerz lindern. Diese reichen von anti-entzündlichen Maßnahmen (klassisch, pflanzlich, homöopathisch), über knorpelschützende und die Gleitfähigkeit verbessernde Injektionen mittels Hyaluronsäure, bis hin zu direkt die Stoffwechselsituation der Knorpelzelle beeinflussenden Möglichkeiten (pulsierende Magnetfeld-Therapie, Nahrungsergänzung). Seit einigen Jahren werden neue Methoden beworben (PRP-Therapie - plättchenreiches Plasma). Hierbei werden knorpelschützende und antientzündliche Substanzen sowie Wachstumsfaktoren aus dem Blut des Patienten gewonnen und in das Knie eingebracht. Auch eine (Teil-)Korrektur der Beinachse über Orthesen oder Einlagen muss überdacht werden. Propriozeptive Einlagen, aber auch eine Akupunktur, können Knieschmerzen lindern.

Neben den das Knie umgebenden Strukturen wie Innen- und Außenband, Gelenkkapsel, Muskeln und Sehnen, die nur in Ausnahmefällen einer operativen Therapie bedürfen, sind es vor allem die im Kniebinnenraum liegenden Anteile, die in der Folge die Belastbarkeit des Kniegelenkes reduzieren.
Die Kreuzbänder sind die Stabilisatoren des Knies und nur bedingt durch einen Aufbau der knieumgreifenden Muskulatur zu ersetzen. Ob ein Ersatz derselben Sinn macht oder nicht, ist im Einzelfall zu klären und kann nicht pauschal beantwortet werden. Auch hier ist ein erfahrener Diagnostiker und Operateur gefragt. Es stehen verschiedene Transplantatmöglichkeiten zur Verfügung, deren jeweilige Vor- und Nachteile ebenso abzuwägen sind, wie der persönliche Anspruch des Patienten an die Belastbarkeit des Kniegelenkes.

Der Außen- sowie der Innenmeniskus liegen als knorpelige Halbmonde zwischen Oberschenkelrolle und Schienbeinplateau. Ihre Aufgabe liegt in der Verbesserung der Kraftübertragung durch das Angleichen der Gelenkflächen in unterschiedlichen Positionen. Vor 25 Jahren wurde der Meniskus noch als "Blinddarm des Kniegelenkes" missdeutet und radikal entfernt. Dies führte schnell zu Knorpelschäden, mit einer Arthrose als Folgeerkrankung. Daher versucht man heute alles, um so viel Meniskus wie möglich zu erhalten. Eine Selbstheilung des Meniskus ist, auf Grund seiner nur im Randbereich stattfindenden Durchblutung, faktisch ausgeschlossen. Somit ist bei Beschwerden, eine sparsame, arthroskopische Sanierung notwendig. Hierbei versucht man so viel Meniskus zu erhalten wie möglich. Meniskusnähte können bei bestimmten Arten der Rissbildung, in Abhängigkeit auch vom Alter des Patienten, durchgeführt werden. Dennoch ist oft eine Teilentfernung notwendig. Auch der Meniskusersatz (künstlicher Meniskus) gewinnt an Bedeutung.

Traumatische Knorpelschäden im Knie sollten, soweit möglich, operativ repariert und therapiert werden. Denn hier droht auch dem jugendlichen Knie, die Arthrose. Je nach Art und Größe des Knorpelschadens kommen Verfahren wie die Refixierung mittels sich resorbierender Stifte, die Ersatzknorpelbildung (Chondropicking, Mikrofrakturierung, biologische Regenerationsverfahren etc.) die Knorpel-Knochen-Transplantationen (OATS) oder aber die Knorpelzüchtung und Implantation (Autologe Chondrozytentransplantation) in Betracht.

Die Folgen einer Fehl- oder Überbelastung sind zunächst nur lästig. Sie können im Verlauf aber die Lebensqualität einschränken, bzw. sogar die Sport- oder Berufskarriere bedrohen. Der Knieschmerz wird zunächst bagatellisiert, eine Therapie nicht oder nur halbherzig durchgeführt. Das Resultat ist ein chronifiziertes Beschwerdebild, dessen Therapierung dann alles andere als einfach ist. Schon so manche Fortsetzung einer Profi-Fußballerkarriere ist an einer "simplen" Entzündung der Kniescheibensehne gescheitert.

Neben Kapsel-Band-Problemen, Muskelverletzungen, Schleimbeutelreizungen sind es insbesondere die Entzündungen der Sehnen, die dem Knie zu schaffen machen. Auch hier ist die mangelnde Selbstheilung der schlecht durchbluteten Struktur, Grund, eine umfangreiche Therapie durchzuführen. Hochenergie-Laser, Magnetfeld, fokussierte Stoßwellen aber auch infiltrative Maßnahmen unterschiedlicher Art gehören, neben anderen physikalischen Maßnahmen, miteinander kombiniert. Nur so sind ein langer Leidensweg zu vermeiden und operative Interventionen abzuwenden.

Kaum ein Wochenende ohne Kreuzbandrisse in der Fußballbundesliga. Da gibt es das "Jumpers knee" bei Weit- und Hochspringern, das "Schwimmerknie", das den Brustschwimmer quält. Tennisspieler werden unsanft vom Hallenteppich gestoppt und der Schwung bei Abschlag des Golfspielers findet ein jähes Ende.
Also doch lieber: "No sports"? Dieses (unbestätigte) Zitat Winston Churchills wird gerne von denen ins Feld geführt, die lieber die Fernbedienung benutzen, als sich den Unbilden der Körperertüchtigung hinzugeben. Sir Winston sagt aber auch: "Keine Stunde, die man mit Sport verbringt, ist verloren." Tatsache ist: der Mensch ist ein Bewegungstier. Hätten wir uns wie die Faultiere an die Äste hängen sollen, bis uns Moos im Fell wächst, hätten wir Krallen an den Händen und Füßen. Neben Bändern stabilisieren Muskeln (!) das Kniegelenk. Ein Gelenkknorpel ernährt sich nach dem Schwammprinzip. Be- und Entlastung sind für seine Ernährung unverzichtbar. Ein nicht bewegtes Knie führt zum Knorpeltod.
Also Sport? Unbedingt! Aber es muss der individuell richtige sein.

Viele Methoden und Therapien sind gekommen und gegangen. "Leichen- Kreuzbänder" sind umstritten und von Karbonfasern spricht heute niemand mehr. Dennoch tummeln sich weiterhin exotisch anmutende Operationstechniken und paramedizinische Verfahren auf dem Markt der Gesundheit. Diese sind in ihrer Wirkung und Zweckmäßigkeit vom Patienten nur schwer zu durchschauen und sollten mit Vorsicht genossen werden. Hier empfiehlt sich die Rücksprache mit einem Spezialisten um größere, nutzlose Löcher im Geldbeutel zu vermeiden.

Hoffnung machen knorpelinduzierende und knorpelzüchtende Verfahren. Seit Jahren etabliert und ständig verbessert ist aber auch mit ihr noch nicht jeder Knorpelschaden, und damit Knieschmerz, zu beheben.
Künstliche Menisken sind derzeit noch kein verbreitetes Standardverfahren und sollten nur von Operateuren mit ausreichender Erfahrung bzw. Fallzahl durchgeführt werden. Knie und Knieschmerz bleiben, gerade im Hinblick auf die sich ändernde Altersstruktur unserer Gesellschaft, ein großes Thema für Patienten und Orthopäden.